Wie streite ich richtig? Sind Regeln immer sinnvoll?

Viele Menschen antworten hier, dass sie die andere Person nicht verletzen möchten, dass sie sich wünschen, dass die Beziehung keinen weiteren Schaden nimmt. Oder dass sie doch nur ein harmonisches Miteinander wollen. Antworten, über die man noch ein bisschen länger nachdenken sollte, einleitend mit der Frage: Was steht dahinter?

Was ist der Grund, dass Sie die andere Person nicht verletzen möchten? Vielleicht, weil Sie diese lieben, weil Sie mit ihr arbeiten möchten, in einem Haus leben, was auch immer.


Alle Gründe sind legitim, doch inwiefern gestatten wir diesen Gründen, sie als Ausrede zu nutzen, um nicht zu sagen, was wir wirklich meinen? Sie wollen mit der Kollegin arbeiten? Oder müssen Sie? Sie lieben den Menschen? Oder wollen Sie die Liebe, die Ihnen geschenkt wird, nicht verlieren?

Tipps, wie Sie richtig streiten

Wichtig ist, dass Sie sich klar darüber sind, was für Sie „richtiger Streit“ bedeutet. Und nur diesen Teil können Sie beeinflussen, nur mit diesem Teil gilt es, sich auseinanderzusetzen, nur dieser Teil sollte im Vorfeld gestärkt werden. Denn alle anderen, die am Streit beteiligt sind, können wir nicht beeinflussen. Folgende Punkte haben gemeinsam: sie sind sehr leicht zu lesen, jedoch nicht immer so umzusetzen.


• Was will ich?
• Was ist mir wichtig?
• Was sollte passieren, damit der Streit geklärt ist?
• Welchen Lösungsvorschlag habe ich?



Wichtig ist, dass Sie für sich sehr genau wissen, was Sie wollen, damit Sie dies später auch klar sagen können. Der nächste wichtige Punkt, um ein gutes Streitgespräch zu führen, ist der Punkt der Ruhe, außen wie innen. Außen ist es leicht und Sie sollten sich, die Menschen und die Situation so viel respektieren, dass es selbstverständlich ist: Handy, Telefon, TV, Radio, Computer sind ausgeschaltet. Sorgen Sie dafür, dass Sie auch sonst ungestört sind, soll heißen: Die Kinder sind nicht im Haus oder im Bett, an der Bürotür ist ein entsprechender Vermerk, nicht gestört werden zu wollen. Was für das außen relativ leicht ist, sollte auch im Inneren zu befolgen sein. Sorgen Sie für eine größtmögliche Ruhe. Sie erinnern sich vielleicht: Konflikt ohne Emotion ist kein Konflikt.


Auf den zweiten Blick ist es wichtig, welcher Art ihre Beziehung zu dem Streitpartner ist, ebenso aber auch, dass innere Ruhe nicht bedeutet, sich nicht mehr mitzuteilen, sondern im Gegenteil, dies in aufgeräumter Art und Weise zu tun, damit trotz aller Emotion es möglich ist, ein gesundes Streitgespräch zu führen. Es ist ein Unterschied, ob Sie voller Wut und Hass Ihrem Gegenüber mitteilen, wie sehr Sie ihn hassen, oder ob Sie halbwegs ruhig erzählen können, was genau in Ihnen vorgeht, weshalb Sie sich so fühlen, wie es der Fall ist und wie Sie sich eine Lösung vorstellen, oder was auch immer gerade das Thema ist. Sie finden im Netz unzählige Tipps, wie man sich richtig streitet. „Ich –Formulierungen“ wie z.B. „Ich fühle mich schlecht!“ sollten angewandt, Sätze wie „Du bis doof!“ vermieden werden. Finde ich auch, jedoch nur bedingt. Gegenfrage:


Es muss in einer gesunden Beziehung, ganz gleich welcher Art, doch möglich sein, dass ich einfach mal sage, was ich gerade denke? Ich setze dabei voraus, dass ich trotz aller Wut oder Enttäuschung noch halbwegs auf meine Wortwahl achte, aber bitte: Sollten wir nicht aufhören, uns diese antrainierten Regeln ständig zu predigen, stattdessen uns selbst hinterfragen und ins „Eingemachte“ gehen? All diese Regeln sind nicht schlecht, aber in Firmen und Beziehungen sollte mehr miteinander gesprochen werden, statt sich gegenseitig zu erzählen, welche Regeln man beachten soll.


„Tja, wenn alle sich an ein Mindestmaß an Respekt halten, sollte das kein Problem sein, doch wer macht das schon?“ In den meisten Gruppen ist es so, dass auf lange Sicht sich solche Menschen ganz von alleine disqualifizieren. Wenn nicht, liegt es an am Team, die Konsequenz zu ziehen. Blasen wir einfach nicht in das Horn der Menschen, die nicht mehr wissen, wie man miteinander spricht, das allein wäre ein toller Anfang, um eine bessere Streitkultur zu fördern. Zurück zur Einstiegsfrage. Neben Klarheit und Ruhe ist die –theoretisch- einfachste Regel: Reden Sie miteinander.

Das impliziert, dass Sie sich gegenseitig ausreden lassen und zuhören. Kein Mensch erwartet, dass wir für alles Verständnis haben müssen. Akzeptieren wir zunächst einfach, dass es unterschiedliche Sichtweisen gibt und sind uns genau in dem Punkt zunächst einig: „Du siehst einen Frosch, ich sehe ein Pferd.“ Sich darüber einig zu sein, ist am Anfang ein sehr wichtiger Schritt, der auch eine Gemeinsamkeit schafft: sich darüber einig sein, sich nicht einig zu sein.

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